Herr Keller meldet sich zu Wort

Rückblick auf die Jahre 1977 -1983

Mitte 1976 bekam ich einen Brief und eine Einladung vom damaligen Schulleiter, Dieter Faulhaber, als Lehrer an der DSD zu arbeiten. Ich bedankte mich und sagte ab, denn ich bereitete mich gerade darauf vor, mit meinem Freund eine Weltreise anzupacken.

Auf Dieters Brief folgte  jedoch kurz darauf ein Stellenangebot als Vize-Schulleiter vom Vorsitzenden, Dr. Fritz Bünger. Ich nahm an und fing im Januar 1977 in Rossburgh an.

Mein erster Eindruck war etwas gemischt. Trotz freundlicher Lehrkräfte und kleinen Klassen, (besser konnte man gar nicht unterrichten) hatte ich kein eigenes Klassenzimmer und hier und dort war alles ein wenig provisorisch.

Meine Klasse und ich wurden ins Lehrerzimmer verfrachtet, da der kleine ehemalige Kindergarten nur aus 5 Klassenzimmern bestand.

Meine Wandtafel war eine grün angestrichene Holztafel, die regelmäßig nach jeder Unterrichtsstunde, wie in den alten Zeiten, mit Schwamm und Wasser, gewaschen werden musste. Der Enthusiasmus und die Freude, nach mehreren Jahren des Unterrichtens in Deutschland  wieder in Südafrika zu sein, überwog diesen etwas primitiven Einstieg.

Während der Pause hielt sich das Personal entweder im Gang oder auf der Veranda vor den Klassenzimmern auf.  

Schulverein, Vorstand, Eltern und Lehrern war es klar,- so konnte es nicht weitergehen,- denn, wir hatten keinen weiteren Raum zur Verfügung und wo sollte die 7.Klasse im nächsten Jahr untergebracht werden?!

In einer hiesigen Lehrerzeitschrift las Herr Faulhaber einen Artikel über die 1904 gegründete St. Agnes Schule die Ende 1977 geschlossen werden sollte. Er teilte diese Nachricht dem Schulvorstand mit, der sofort mit den Verhandlungen anfing. Der Umzug in unser neues und sehr viel größeres Schulgebäude erfolgte, und die 7.Klasse bekam ihr Klassenzimmer 1978.

Nach ca. 6 Monaten kündigte Dieter Faulhaber und kehrte mit seiner Familie wieder nach Deutschland zurück.

Der Vorstand der DSD beauftragte mich, die Leitung der DSD zu übernehmen und kurz darauf wurde ich der neue Schulleiter.

Mein Aufgabenbereich, so wie vom Vorstand beauftragt, war einen engen Kontakt mit den drei lutherischen Gemeinden und der katholischen Kirche zu pflegen. Wir brauchten Schüler und mussten die Klassen füllen! Noch immer gab es Zweifel in der Elternschaft, ob die DSD auch wirklich auf Augenhöhe war, was das Bildungsniveau betraf, verglichen mit den hiesigen Regierungsschulen, den deutschen Schulen hier in Südafrika und aber auch mit denen in Deutschland.

Dieses war eine ganz klare Frage, die uns von den aus Deutschland entsandten Technikern und Direktoren  gestellt wurde, ob ihre Kinder in Deutschland wieder den Anschluss finden,  wenn sie nach 3-5 Jahren wieder zurückkehren würden.

 

Erfolgskontrolle und Lehrplan von Baden Württemberg

Für diese Sorge hatte Dr. Bünger eine Lösung. Er entwarf die nötigen Formulare. Spätestens 6 Monate nachdem unsere Schüler an andere Schulen gingen, bekamen diese Schule einen detaillierten Fragebogen mit der Bitte, über den Fortschritt und Noten des Schülers zu berichten.

Nachdem diese Berichte hier ankamen, wurden die Lehrer und Vorstand informiert.

Bislang folgte man zum größten Teil dem Nataler Lehrplan.  Einige deutsche Schulbücher wurden auch bestellt und jeder Lehrer hatte mehr oder weniger freie Hand.

Bevor ich Deutschland verließ, versorgte ich mich mit den nötigen Lehrmitteln. Da in Deutschland Lehrmittel-Freiheit besteht, konnte ich als Lehrer alles was ich nur wollte umsonst von den verschiedenen Verlagen bestellen. Auf diese Weise kam auch der Lehrplan von Baden Württemberg an die DSD.

Eine meiner ersten Aufgaben war es, einen Lehrplan der wichtigsten Fächer für unsere Schule aufzustellen, besonders im Hinblick auf die lückenlose Wiedereingliederung der Schüler nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich und der Schweiz.

Dieser Lehrplan bestand aus einer Kombination des Nataler sowie des Baden Württembergischen Lehrplanes.

Dementsprechend bestellten wir auch die Lehrbücher für alle Klassen – von Klasse 1 bis 7.

Mit kleinen Klassen und guten Lehrern waren unsere Schüler in Europa immer erfolgreich. 

Später, als unsere Schüler hier ihr Matric schrieben, waren viele unter ihnen in den “top ten”.

 

Das ‘liebe’ Geld

Kleine Schule,- kleines Geld……große Schule großes Geld!

Die neue Schule hatte, außer einem Sportplatz, alles was wir brauchten. Wir hatten PLATZ!

Doch damit stiegen auch unsere Ausgaben und natürlich mit den vielen neuen Lehrbüchern, Musikinstrumenten und anderen Lernmitteln, die wir aus Deutschland bestellten.

Unsere treuen und regelmäßigen Spender in Deutschland wurden per Brief über den Stand “ihrer” Schule informiert, was die Sekretärin des Trusts, Eva Gutschmidt, 40 Jahre lang tat. 

Aber wir mussten unseren Spendern zeigen, dass wir auch etwas tun. So kam es, dass die DSD ein sogenanntes Schlachtfest organisierte.

Unser neuer Vorsitzender, Roland Fritsch, war Metzgermeister und wusste, wo man das beste Fleisch bekam, und der Elternbeirat organisierte das Fest mit deutscher Blaskapelle.

Da wir uns die Kosten eine Halle zu mieten sparen wollten, wurde der Innenhof der Schule mit einem Zelt überdeckt und kleine Gummikügelchen wurden auf den Betonboden gestreut damit das Tanzbein geschwungen werden konnte. Morgens gegen 5 Uhr wurden die letzten Gäste ‘gebeten’, doch nach Hause zu gehen, denn um 8 Uhr fing das Aufräumen an,- schließlich musste alles sauber und in Ordnung sein für den Unterricht am Montag.   

Das Schlachtfest wurde immer beliebter. 445 Gäste war unser Rekord.

Zu Ostern fand dann unser sog. Osterfest/-basar statt. So wurden immer weitere Möglichkeiten gesucht, Geld für unsere Schule einzunehmen.

 

Schulgeld – Dr. Fritz Bünger

Wie viele wissen, braucht man in Deutschland keinen Pfennig Schulgeld zahlen. 

In Südafrika ist das anders.

Während meiner Schullaufbahn mussten meine Eltern schon einiges zahlen, damit ich auf die Deutsche Schule Johannesburg gehen konnte. Später war ich auf einer Regierungsschule, wo das Schulgeld R4.00 pro Jahr betrug,- ein mehr oder weniger symbolischer Beitrag.

Die Eltern der DSD mussten von Anfang an tief in die Tasche greifen, da die DSD keine finanzielle Unterstützung bekam, weder vom südafrikanischen Staat, noch von Deutschland.

Alle Anfragen, Bitten und Versprechen gingen leer aus.

Der Vorstand konnte die Eltern nicht zu höherem Schulgeld zwingen…und die Lehrer mussten bezahlt werden.

Es war Dr. Bünger der auch wiederum diese Angelegenheit professionell anpackte.

In Deutschland wurde ein e.V. (eingetragener Verein) gegründet, Briefe zwecks finanzieller Unterstützung wurden vergeschickt und langsam kam etwas Geld zusammen, welches dann vom “Von Falkenhausen Trust” verwaltet wurde.

Walter Drewes, Steuer- und Wirtschaftsprüfer, verwaltete das Geld zusammen mit dem Vorstand des Von Falkenhausen Trusts. 

Heute gibt es keine Schule in Südafrika mehr, in der kein Schulgeld verlangt wird. Mit dem Schulgeld von heute an anderen Schulen hat man sich früher vor 30-40 Jahren ein Haus kaufen können…zum Glück nicht an der DSD.

 

Kindergarten

Um die Schule mit Kindern zu “füttern”, beschloss der Vorstand einen Kindergarten einzurichten. Die nötigen baulichen Veränderungen wurden von Armin Vach, Mitglied des Vorstandes, gemacht. 

Mauern, 480mm dick, mussten durchbrochen werden.Unsere erste Kindergärtnerin, Gisela Spreemann, fing 1979 an mit einer kleinen Gruppe von 11 Kindern. Die Gruppe wurde immer größer, sodass wir nach 2 Jahren eine zweite Fachkraft anstellten.

 

Deutsch als Unterrichtssprache

Ich glaube die wenigsten wissen, dass alle deutsche Schulen in Kwa-Zulu Natal die Genehmigung haben, Deutsch als Unterrichtssprache für alle Fächer in den ersten 4 Schuljahren zu unterrichten.

Dieses Vorrecht erkämpfte sich die “Schulische Arbeitsgemeinschaft Natal und Südost Transvaals” (SAG), als die Regierung in den 60er Jahren versuchte dieses Vorrecht, welches seit 1910 bestand, abzuschaffen.           

Die SAG wurde vorstellig beim damaligen Ersten Minister John Vorster, der dann den deutschen Privatschulen und deutschen Gemeindeschulen dieses Recht weiterhin einräumte. Das Recht besteht heute noch.

  

Deutsche Schule mit südafrikanischer Prägung 

Es wurde mir bald klar, dass wir eine deutsche Schule mit südafrikanischer Prägung sein wollten. Unsere Schüler sollten das Beste von beiden Ländern mitbekommen.

Die deutsche Sprache, Mathematik und Landeskunde sowie ein gutes Englisch/Afrikaans. In manchen Jahren konnten wir sogar Französisch und Zulu anbieten.

Wichtig war aber auch, eine gewisse südafrikanische Schulkultur den Kindern mitzugeben, damit sie, wenn sie ab dem 7. Schuljahr an die Höheren Schulen gehen, wenigstens wissen was ein “Interhouse Gala” oder ein Leichtatlethikwettbewerb eingeteilt in verschiedene sog. ‘Häuser’ ist. 

Mit unserem ersten Schwimmfest wurde die Schule dann in zwei ‘Häuser’ oder Gruppen eingeteilt, um dann gegeneinander zu konkurrieren. Pokale wurden gestiftet und man schwamm für sein Haus, entweder ‘Haus Max’ oder ‘Haus Moritz’.

Auf kultureller Ebene musste jede Klasse mit ihrem Klassenlehrer einen Beitrag zum jährlichen ‘Bunten Abend’ leisten. Auch die Kleinen im Kindergarten liebten es, etwas auf der Bühne vorzutragen. Stolz waren die Eltern, wenn ihr Kind etwas aufsagen oder singen durfte und die Väter waren mit ihren Kameras und Video Geräten voll dabei.

Ein weiterer Höhepunkt im Schulkalender war der ‘Preisverteilungsabend’. Die besten Schüler wurden gelobt und bekamen Preise. Pokale wurden gestiftet für die Klassenbesten und der/die beste Schüler(in) der 7. Klasse, bekam seinen/ihren Namen auf einem Wanderpokal verewigt.

So fingen wir an, südafrikanische Gepflogenheiten einzuführen und unseren Schülern mitzugeben, jedoch nicht das Deutschtum zu vernachlässigen.

 

Heute – 2021

Heute freue ich mich, ein kleines Rad im Werdegang der DSD gewesen zu sein.

Ich freue mich, dass die Schule aus dem Stadtgetümmel in eine ruhige Gegend ziehen konnte.

Ich freue mich, dass die Schule wächst. Auch freue ich mich noch heute eingeladen zu werden, sei es um Preise zu verteilen,- Kunst der Schüler an ihre eigenen Eltern zu versteigern oder die gute deutsche Bratwurst beim Osterbasar zu braten. 

Glücklich macht es mich, wenn mir von ehemaligen Schülern berichtet wird, die sich damals schwertaten im Mathematikunterrricht und heute Ingenieure, Schreinermeister oder Computer Ingenieure sind.

Jedoch die größte Freude ist es, wenn ich meine alten Schüler bei der DSD begrüßen kann, wenn sie ihre Kinder zur Schule bringen oder auf allgemeinen Veranstaltungen.

 

Zukunft

Unsere Schule ist eine sehr gute Schule.

50 Jahre haben viele hart an der Sache – DEUTSCHE SCHULE – gearbeitet. 

Weitere 50 Jahre sind nicht unmöglich.

Unserer Schule wünsche ich es!

Einen Dank geht an Sie, unsere Spender, denn ohne ihren regelmäßigen Beitrag würden wir heuer nicht unser 50-jähriges Jubiläum feiern können…  Jeder Pfennig hat geholfen!  

 

Thomas Keller

Schulleiter 1977-1983